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Praktische Hinweise zur Krebstherapie

Praktische Hinweise zur Krebstherapie mit Cannabisprodukten

von Dr. med. Franjo Grotenhermen

Hier finden Sie die wichtigsten praktischen Folgerungen für eine Zusatzbehandlung des Krebses mit Cannabis und Cannabinoiden nach dem aktuellen Forschungsstand. Unser Wissen ist noch sehr begrenzt, sodass alle Aussagen vorläufiger Natur sind. Durch die Forschung in den kommenden Jahren können sich diese Folgerungen daher verändern.

Zusammengefasste Ergebnisse der Forschung

1. THC hemmt meistens das Tumorwachstum, nur in wenigen Ausnahmefällen war es tumorfördernd.

2. CBD wirkt tumorhemmend.

3. Die Wirkungen von THC und CBD waren in einigen Untersuchungen synergistisch, sie ergänzten sich also.

4. Cannabinoide hemmen die Chemoresistenz, z.B. durch Hemmung der Aktivität von p-gp (P-Glycoprotein) und MRP1 (Multidrug Resistance-Related Proteins 1).

5. Cannabinoide wirkten synergistisch mit anderen Therapien.

  • Melphalan und WIN beim Plasmozytom
  • Telozolmid und CBD und THC beim Glioblastom
  • Doxorubicin plus CBD bei Glioblastom und Brustkrebs
  • Vinblastin plus CBD oder THC bei Leukämie
  • Strahlentherapie plus CBD oder THC bei Glioblastom
  • Strahlentherapie puls WIN55,212-2 bei Brustkrebs, während THC die Wirkung abschwächt
  • Bortezomib (Proteasom-Inhibitor) plus CBD bei multiplem Myelom
  • Carfilzomib plus CBD bei multiplem Myelom
  • Bicalutamid und Docetaxel plus CBD bei Prostatakrebs

Einige vorläufige Folgerungen aus der bisherigen Forschung für die Praxis

1. Die Wirkung von THC ist dosisabhängig. Viel THC ist wirksamer als wenig THC. THC war nicht in allen Studien krebshemmend.

2. Eine Kombination von THC und CBD erwies sich in den bisher durchgeführten experimentellen Untersuchungen wirksamer als jedes der beiden Cannabinoide allein.

3. Es ist bisher nicht bekannt, wie das optimale Verhältnis von THC zu CBD aussehen sollte. Es gibt Hinweise, dass das Verhältnis bei verschiedenen Krebserkrankungen unterschiedlich ist. So war beispielsweise CBD in Tierexperimenten zum Brustkrebs wirksamer als THC.

4. Da CBD gut vertragen wird, kann dieses Cannabinoid in hohen Dosen eingenommen werden.

5. Wird CBD gut vertragen, so sollte zusätzlich THC in einer möglichst hohen Dosis eingenommen werden.

6. Eine Behandlung mit THC und CBD ist keine Alternative zu Standardtherapien, sondern eine mögliche Ergänzung.

7. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Ansprechbarkeit auf THC und CBD bei verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich ist, so wie dies auch in Tierversuchen beobachtet wurde.

Wie sollte eine Therapie durchgeführt werden?

1. Grundsätzlich kommt es für die Wirksamkeit nicht auf die Art und Weise der Therapie an, sondern auf die Menge von THC und CBD, die in die Blutbahn und damit zum Tumor gelangt. So ist es ein im Internet weit verbreiteter Irrtum, dass Extrakte mit höheren THC-Gehalten oder höheren CBD-Gehalten wirksamer sein als Extrakte mit geringeren Cannabinoid-Konzentrationen. Es kommt auf die Menge an und nicht auf die Konzentration. Es ist auch nicht entscheiden, ob die Cannabinoide oral eingenommen oder ob sie inhaliert werden.

2. Eine rektale Verabreichung von Cannabinoiden ist weniger wirksam, da die Cannabinoide über die Schleimhaut des Enddarms schlecht aufgenommen werden.

3. Es gibt fertige Extrakte, wie vor allem den Cannabisextrakt Sativex, der THC und CBD zu gleichen Teilen enthält. 3 Fläschchen, die insgesamt 810 mg THC und 750 mg CBD enthalten, kosten 314,14 €. Reines Dronabinol (THC) und reines Cannabidiol (CBD) aus der Apotheke sind teurer, wenn man sie einzeln erwirbt.

4. Die Therapie kann mit CBD-Extrakten aus Faserhanf, die im Internet gekauft werden können, begonnen werden. Ein mögliches Dosierungsschema ist 2 x 50 mg am 1. Tag, 2 x 75 mg am 2. Tag, 2 x 100 mg am 3. Tag, 2 x 150 mg am 4. Tag, 2 x 200 mg am 5. Tag und 2 x 250 mg am 6. Tag. So wird innerhalb von 6 Tagen eine Tagesdosis von 500 mg erzielt. In klinischen Studien wurden 800 mg CBD täglich und mehr verabreicht, bei guter Verträglichkeit, sodass auch noch höhere Dosen eingesetzt werden können. Allerdings wird es dann teuer.

5. CBD-Extrakte aus Faserhanf kann man im Internet erwerben. Die Kosten für 1000 mg bewegen sich in einer Größenordnung von etwa 50-70 €, eventuell auch teurer. Es kommt nicht auf die Konzentration an, sondern dass man möglichst viel CBD für sein Geld bekommt. Dieses CBD kann man mit einem THC-Extrakt kombinieren.

Hier einige Beispiele zur Ermittlung der CBD-Mengen in CBD-Extrakten:

10 ml eines 2-%igen CBD-Extraktes enthalten 200 mg CBD.
10 ml eines 5-%igen CBD-Extraktes enthalten 500 mg CBD.
10 ml eines 10-%igen CBD-Extraktes enthalten 1000 mg CBD.
10 ml eines 25-%igen CBD-Extraktes enthalten 2500 mg CBD.
1000 mg CBD-Kristalle mit einer CBD-Konzentration von 98 % enthalten 980 mg CBD.
1 g Cannabisblüten mit einem CBD-Gehalt von 9 % (Cannabissorte Bedrolite) enthält 90 mg CBD.
5 g Cannabisblüten mit einem CBD-Gehalt von 9 % (Cannabissorte Bedrolite) enthält 450 mg CBD.

6. Es ist nicht kompliziert, selbst einfache Extrakte aus Cannabisblüten herzustellen. Diese sind günstiger als im Internet erhältliche Haschischöle (RSO-Öl, Cannabisöl, etc.) sowie in der Apotheke erhältliche Extrakte wie Sativex.

7. Bei der Wahl der Blüten kann man sich am THC-Gehalt orientieren. So kann man die Sorten Bedrocan mit einem THC-Gehalt von 22 % und Pedanios 22/1 verwenden, um das meiste THC für das Geld zu bekommen. Die Sorte Bedrocan des Unternehmens Bedrocan ist er sativa-lastig, während die Sorte von Pedanios einen höheren indica-Anteil besitzt.

8. Es ist auch jede andere Einnahmeform möglich. Wichtig ist, dass Cannabisblüten vor der Einnahme erhitzt werden. Dies kann durch Erhitzen in einem Öl geschehen, aber auch beispielsweise durch Erhitzen im Backofen, beispielsweise für 30 Minuten bei 120-130 °C oder 10 Minuten bei 140 °C. Danach können die Blüten zerbröselt und mit einer Präzisionswaage dosiert werden. So kann man bei schrittweise 100 oder 200mg der Blüten in einen Joghurt geben und essen.

Herstellung von Extrakten und Cannabisöl

So kann beispielsweise 5 g Cannabisblüten in 100 ml Rapsöl (oder ein anderes Speiseöl) gegeben werden und im kochenden Wasserbad 1 Stunde lang auf 100 °C erhitzt werden. Dabei werden die Cannabinoide decarboxyliert und gelangen in das Öl. Es ist einfacher, die Cannabisblüten zunächst im Backofen zu decarboxylieren (zum Beispiel 10 Minuten bei 140 °C) und danach ins Öl zu geben, das dann für 15 bis 30 Minuten erhitzt wird. Danach können die Blüten entfernt werden, und das Öl kann in ein Tropffläschchen aus der Apotheke abgefüllt werden. Bei einem THC-Gehalt der verwendeten Cannabisblüten von 20 % enthält 1 g der Blüten 200 mg THC und 5 g entsprechend 1000 mg THC.

Eine Alternative besteht darin, Cannabisblüten im Backofen etwa 10 Minuten lang auf etwa 140 °C zu erhitzen, um es zu decarboxylieren. Dieses trockene Kraut kann man dann klein zermahlen, abwiegen und beliebig einnehmen, beispielsweise auf einem Löffel Joghurt oder als Tee. Verwendet man Cannabisblüten mit einem THC-Gehalt von 20 %, so enthalten 0,1 g 20 mg THC.

Eine weitere Alternative ist die Herstellung von Haschisch-Öl, das auch Cannabis-Öl oder RSO-Öl genannt wird. Die einfachste und wirksamste Herstellung ist die folgende: Zunächst werden die Cannabisblüten im Backofen decarboxyliert (siehe oben, 10 Minuten bei 140 °C). Danach wird das getrocknete Kraut zerkleinert. 10 g der Blüten (oder eine andere Menge) und 100 ml reiner Alkohol (oder eine andere Menge) werden in der Gefriertruhe auf minus 15-20 °C heruntergekühlt. Die Temperaturen im Kühlschrank reichen nicht aus. Das dauert etwa 1 Stunde. Danach werden die zerkleinerten Blüten in den Alkohol gelegt. Das Gefäß mit dem Alkohol und den Blüten wird erneut 1,5 Stunden in die Gefriertruhe gestellt. In dieser Zeit treten die Cannabinoide in den Alkohol über. Man kann etwa alle 30 Minuten einmal umrühren. Danach das Gefäß aus der Gefriertruhe holen und die Blüten mit einem Sieb abseien. Jetzt muss der Alkohol verdampft werden, damit nur noch die konzentrierten Cannabinoide mit wenigen anderen Substanzen übrig bleiben. Es gibt dazu mehrere Möglichkeiten. Häufig wird ein Reiskocher verwendet, der auf 100-120 °C eingestellt wird, sodass der Alkohol verdampft. Es muss sichergestellt werden, dass in der Nähe kein Feuer gemacht wird, da sonst der Alkohol Feuer fangen kann. Man sollte dies also auf dem Balkon oder bei geöffnetem Fenster oder unter Verwendung einer Abzugshaube durchführen. Wenn der Alkohol verdampft ist, verbleibt das reine Haschisch-Öl, ein hoch konzentrierter klebriger Extrakt, im Reiskocher. Dieser kann bei Bedarf wieder etwas verdünnt werden, beispielsweise mit einem Speiseöl oder Alkohol.

Eine ausführliche Behandlung des Themas findet sich in:
Grotenhermen F. Cannabis gegen Krebs: Der Stand der Wissenschaft und praktische Folgerungen für die Therapie. Solothurn, Schweiz: Nachtschatten Verlag, 2017. Mit einem Geleitwort von Prof. Burkhard Hinz, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Rostock.